Medienmitteilung des Forums GenAu vom 12.5.2006 zu Humanforschungsartikel und -gesetz, 
     

    "Human"forschung:  shame and scandal in the BAG
     
     

    Einen Verfassungsartikel zur Forschung an Menschen wie im vorliegenden Entwurf lehnen wir strikte ab. Ein solches Unding in der Verfassung zu haben wäre ein "anti-humaner" nationaler Skandal und eine beispiellose europäische Schande.

    Für das BAG, welches für den Entwurf verantwortlich zeichnet, ist Menschenwürde entweder eine leere Floskel, oder der Entwurf ist eine bewusste Provokation. Schon im Verfassungsartikel wird die Menschenwürde so behandelt, als ob sie Gegenstand irgendwelcher Güterabwägungen gegenüber einem "Recht auf Forschung" sein könnte. Mit der Zulassung von fremdnütziger und Zwangsforschung an nicht einwilligungsfähigen Menschen unterläuft das Gesetz sogar noch die fragwürdige und enorm forschungsfreundliche Bioethik-Konvention des Europarats!

    Sicher: Forschung gilt als Kulturgut. Aber Menschenwürde ist zweifellos die höchste Errungenschaft menschlicher Kultur. Sie ist "digital", es gibt sie oder es gibt sie nicht, sie kann niemals quantifizierbar oder relativierbar sein. Genau dies wird aber im Entwurf getan. 

    Forschungsfreiheit darf niemals gleich oder sogar stärker gewichtet werden als Menschenwürde. Das wäre eine Kapitulation vor skrupellosen Technokraten und absolut inakzeptabel. Die Forschung ist nicht durch die Menschenwürde gefährdet, sondern die Menschenwürde ist eher von oft prestigegesteuerten Forschungsgelüsten bedroht.

    Der Protestrücktritt von Carola Meier-Seethaler aus der Nationalen Ethikkommission NEK ist sehr verständlich. Die Gefahr ist real, dass die Rolle der NEK unter solchen Bedingungen (wie sie das Gesetz schaffen würde) zu einer reinen Feigenblattfunktion für ungehemmte Forschung verkäme. 
    Im Entwurf wird Menschenwürde zu einer politisch verhandelbaren und vermeintlich gesellschaftsverträglichen Kompromissmasse degradiert.

    Die Schweiz hat seit dieser Woche einen Sitz im neuen UNO-Menschenrechtsgremium und soll auch innenpolitisch den Inhalt der Menschenwürde bewahren; der vorgeschlagene Verfassungartikel verhöhnt diese Verantwortung.

    Sollte der Verfassungsartikel unverändert oder in noch forschungsfreundlicherer Form in die Volksabstimmung gehen (obligatorisches Referendum), ist mit erbittertem Widerstand zu rechnen.